POSITIONSPAPIER ZUR AMBULANTEN EINGLIEDERUNGSHILFE NACH SGB XII/SGB IX FÜR KINDER UND JUGENDLICHE MIT KÖRPERLICHEN UND/ODER KOGNITIVEN BEHINDERUNGEN
Berlin, 02.04.2019
Die ambulante Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit körperlichen und/oder geistigen Behinderungen ist eine entwicklungsfördernde und befähigende Hilfe. Sie zielt auf den individuellen Förder- und Hilfebedarf des betreffenden Kindes und Jugendlichen ab.
Seit dem Jahr 2000 führen die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe ambulante Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit körperlichen und/oder kognitiven Behinderungen nach SGB XII durch. Laut VERSUKI-Studie (2015) erhielten im Jahr 2012 in Berlin 2.243 Kinder und Jugendliche im Rahmen der §§ 53–60 SGB XII und 2.173 Kinder und Jugendliche im Rahmen des § 35a SGB VIII Leistungen der Eingliederungshilfe. Eine fachlich hochwertige Arbeit ermöglicht den Kindern und Jugendlichen individuelle Entwicklungsfortschritte, um am gemeinschaftlichen Leben teilzuhaben und möglichst selbstbestimmt zu leben (§ 4 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).
Doch die Rahmenbedingungen für die ambulanten Eingliederungshilfen sind prekär, indem sie ohne einen Rahmenvertrag, eine Leistungsbeschreibung und ohne verhandelte kostendeckende Vergütung durchgeführt werden. Die Folgen innerhalb der Trägerlandschaft und für die Kinder sowie deren Familien sind alarmierend: zunehmend müssen sich freie Träger aus dem Hilfeangebot zurückziehen und/oder Aufnahmestopp erteilen. Unter diesen Voraussetzungen ist es nahezu unmöglich, neue Fachkräfte zu gewinnen. Kinder warten zum Teil monatelang auf die Hilfe und Familien werden alleine gelassen.
Die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe haben deshalb ein Positionspapier zur Zukunft der ambulanten Eingliederungshilfen für Kinder und Jugendliche mit körperlichen und/oder kognitiven Behinderungen im Bundesteilhabegesetz (BTHG) erarbeitet. Zentrale Forderungen sind dabei:
- Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die Eingliederungshilfe von Kindern und Jugendlichen mit entsprechenden Leistungsbeschreibungen, Verfahrensbeschreibungen und angemessenen Entgelten (SGB IX und 35a SGB VIII).
- Die aktuelle Regelung, wonach Familien bei Überschreitung von Einkommensgrenzen zum Teil (ab Schuleintritt des Kindes) mit ihrem Einkommen und Vermögen herangezogen werden, muss auf Landesebene unmittelbar aufgehoben werden, sodass die ambulanten Hilfen auch für betroffene Kinder unter dem SGB XII/SGB IX zuzahlungsfrei sind.
- Das Personal ist nach fachlicher und persönlicher Eignung laut zu entwickelnden Leistungsbeschreibungen für die jeweiligen Hilfearten einzusetzen: Die jetzige Kategorisierung der Leistungsinhalte (Stufenmodell I‑III) bzw. weiterführend der Bedarfe widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention und den Leitgedanken des BTHG und ist daher im Sinne einer personenzentrierten Leistung gem. § 95 SGB IX unzulässig.
- Kinder und Jugendliche müssen die Hilfen erhalten, die sie zur Teilhabe, zur Förderung und für ihre individuelle Entwicklung benötigen.
Es muss vom Kind aus gedacht, dessen Rechte in den Mittelpunkt gestellt und danach die Hilfen und Teilhabeleistungen ausgerichtet werden
Positionspapier zur ambulanten Eingliederungshilfe